15.04.2024

Ein Jahr Krieg im Sudan: Zusammenbruch und Hungersnot drohen

Die Situation im Sudan verschlechtert sich zunehmend. Die Nahrungsmittelvorräte nehmen dramatisch ab und viele Kinder leiden an Hunger. Die gewaltsamen Konflikte halten nun seit einem Jahr an und treiben das Land in Richtung des Zusammenbruchs.

Aktuell erlebt der Sudan eine der größten humanitären Krisen weltweit. Dennoch erfährt die Situation auf internationaler Ebene kaum Beachtung.

Am 15. April findet in Paris eine bedeutende Ministerkonferenz zur Lage im Sudan statt. Zu diesem Anlass ruft Islamic Relief die internationalen Staats- und Regierungschefs der EU dazu auf, ihre Anstrengungen für einen sofortigen Waffenstillstand zu verstärken und den Zugang zu humanitärer Hilfe zu gewährleisten. Die Zivilbevölkerung muss dringend vor einer katastrophalen Hungersnot geschützt werden. Bisher sind lediglich 5 Prozent des für den Sudan vorgesehenen humanitären Reaktionsplans für das Jahr 2024 finanziert.

8,4 Millionen Sudanesen – darunter 2 Millionen Kinder unter 5 Jahren – sind auf der Flucht. Der großflächige Krieg hat somit die größte Vertreibungskrise der Welt ausgelöst.

Islamic Relief beobachtet in den eigenen Gesundheits- und Ernährungszentren einen rapiden Anstieg der Zahl unterernährter Kinder. Einige Kinder sind so abgemagert, dass selbst die Beatmung erschwert ist.

Wichtige landwirtschaftliche Regionen sind von den Kämpfen der letzten Monate betroffen und haben eine weitgehende Zerstörung der Nahrungsmittelproduktion verursacht. Viele Bauern berichten Islamic Relief, dass der Anbau ihrer Felder viel zu gefährlich sei und, dass Lastwagen mit Lebensmittel auf dem Weg zu den Märkten geplündert werden. Dies hat zur Folge, dass viele Familien an einem Tag nur wenige Bisse Sorghum (Hirse-Art) übrig bleiben.

An jedem Tag steigt die Zahl der an Hungersnot leidenden Menschen um rund 30.000 weiteren Menschen an. 17,7 Millionen Menschen, etwa 40% der Bevölkerung leiden in diesem Moment an Hunger. Fünf weitere Millionen Menschen stehen kurz vor der Hungersnot. Wir erwarten in Teilen von Khartum und Darfur in den nächsten Wochen eine steigende Hungersnot.

Die Wirtschaft bricht zusammen, die Armut steigt, die Lebensmittelpreise verdoppeln sich annähernd. Nur wenige Familien können sich Grundnahrungsmittel leisten.

Der Bericht von Islamic Relief beschreibt die prekäre Lage mit extremer Gewalt gegenüber der Zivilbevölkerung im letzten Jahr: Dörfer wurden in Brand gesetzt, Frauen angegriffen und Kinder rekrutiert. Zudem wurden Krankenhäuser und Märkte gestürmt und zentrale Infrastrukturen und Dienstleistungen zerstört.

Der Landesdirektor von Islamic Relief, Elsadig Elnour ist bestürzt über die Lage: „Im vergangenen Jahr habe ich gesehen, wie mein Land in Gewalt, Wahnsinn und Zerstörung versinkt und vom Rest der Welt vernachlässigt wird.“

„Alle haben alles verloren. Alle sind traumatisiert. So fühlt man sich als Sudanese in diesem Moment. Wir haben geliebte Menschen, Eigentum, Arbeitsplätze und die Zukunft, die wir geplant hatten, verloren. Selbst die Reichen sind arm geworden. Wenn es nicht sehr bald einen Waffenstillstand und Frieden gibt, wird das Land zusammenbrechen.“

Das Hauptbüro von Islamic Relief musste im vergangenen Jahr aufgrund der Ausweitung der Gewalt mehrmals verlegt werden. Heute zählt der Sudan als einer der gefährlichsten Orte weltweit, um humanitäre Hilfe zu leisten. Dutzende Helfer vor Ort wurden getötet, Büros geplündert und Druck durch bürokratische Behinderungen ausgeübt.

Trotz all den Herausforderungen hat Islamic Relief es geschafft für mehr als 600.000 Menschen im ganzen Land lebenswichtige Hilfe zu leisten. So wurden Nahrungsmittel, Bargeld und Hygieneartikel verteilt und Gesundheitseinrichtungen unterstützt.

Unsere Teams vor Ort verweisen in den betroffenen Gemeinschaften auch auf psychische Gesundheit und Hygiene.

Im Bericht von Islamic Relief wird hervorgehoben, dass trotz der internationalen Vernachlässigung die sudanesischen Gemeinden eine bemerkenswerte Reaktion auf die Notlage zeigen – Gemeinschaftsküchen werden eingerichtet, um Lebensmittel bereitzustellen. Die ärmsten Menschen teilen ihren eigenen Wohnraum mit Geflüchteten und das Wenige, das sie besitzen, wird geteilt. Der Bericht appelliert gleichermaßen an die internationalen Minister der Konferenz in Paris und darüber hinaus, die humanitäre technische Hilfe für Grassroot-Gemeindenetzwerke zu erhöhen, insbesondere für von Frauen geführte Gruppen und Bürgerkomitees.

Als internationale Hilfsorganisation fordert Islamic Relief einen sofortigen Waffenstillstand und ruft die Kriegsparteien dazu auf, eine nachhaltige Lösung des Konflikts einzuleiten, um die Zivilbevölkerung vor weiterem Schaden zu schützen. Ebenso ist es zwingend erforderlich, einen sicheren Zugang für humanitäre Hilfe für alle Menschen in Not zu gewährleisten.

Islamic Relief fordert außerdem die internationale Gemeinschaft dazu auf, ihre humanitäre Hilfe zu verstärken, insbesondere zur Verbesserung der Ernährungssicherheit und des Lebensunterhalts der Menschen im Sudan. Der Bericht deutet auch auf die Wichtigkeit, eine diplomatische Rolle zu spielen und sich für einen Waffenstillstand und ungehinderten Zugang humanitärer Hilfe einzusetzen.

nothilfe-sudan
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